Die innere Mitte finden:
Die Wandlungsphase Erde

Langsam aber sicher neigt sich der Sommer dem Ende zu. Draußen genießen wir jetzt die letzten warmen Sonnenstrahlen, die uns der Spätsommer noch schenkt. Die Erntezeit ist in vollem Gange: Die weiten in gelb getunkten Felder werden nun abgeerntet und die Körbe sind prall gefüllt mit reifem Obst und Gemüse. Ein klares Zeichen dafür, dass jetzt das Element Erde dominiert, denn was in der Handlungsphase Holz begonnen und in der Wandlungsphase Feuer umgesetzt wurde trägt nun ganz offensichtlich Früchte. Dem Element Erde wird die Farbe Gelb zugeordnet, die sich nicht nur in den reifen Kornfeldern wiederfindet, sondern ebenfalls den feucht-lehmigen Boden symbolisiert.

Übertragen auf den Lebenszyklus des Menschen steht das Element Erde für das Erwachsenenalter – auch charakterlich ist man dann gereift, wird möglicherweise selbst Vater oder Mutter und blickt reflektiert auf die vergangenen Jahre zurück. Auf organischer Ebene liegt der Fokus jetzt auf Milz und Magen. Dieser Funktionskreis wird in der TCM auch als unsere Mitte bezeichnet und ist für uns von zentraler Bedeutung. Darum sollten die zugehörigen Organe auch nicht nur im Spätsommer, sondern das ganze Jahr über gepflegt werden. Nicht umsonst gilt die Erde auch als sogenanntes Zwischenelement, das als eine Art Übergang zwischen den jeweils anderen Elementen seine harmonisierende Wirkung entfalten kann und folglich einen kleinen Anteil an jeder der Wandlungsphasen hat. In der Akupunktur wird teilweise sogar die Meinung vertreten, dass jeder Erkrankung eine Schwäche der Mitte zugrunde liegt.

Wie wichtig das Element Erde für unsere Gesundheit ist, wird deutlich, wenn wir die Hauptaufgabe des Funktionskreises Magen/Milz – die Verdauung – genauer betrachten. Diese sorgt dafür, dass die aufgenommenen Lebensmittel nach Nahrhaftem und Unerwünschtem getrennt werden. Das daraus Verwertbare wird wiederum in die Nährung von Blut und Qi gesteckt. In einer aufsteigenden Bewegung wird alles Brauchbare in Richtung Lunge und Herz geschickt, alles Unbrauchbare wird in einer absteigenden Bewegung in Richtung Darm und Blase transportiert. Die Zirkulation des Qi ist also von einer gesunden Mitte abhängig, die den restlichen Körper nährt. Gerät die Zirkulation ins Stocken, kann sich das mit Verdauungsbeschwerden, Heißhunger, Gewichtsproblemen oder einer Neigung zu blauen Flecken bemerkbar machen.

Diese organischen Eigenschaften lassen sich aber natürlich auch auf die Psyche übersetzen. Ist das Erdelement gut ausbalanciert, ermöglicht es klares Denken und die Fähigkeit, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen.

Bezogen auf die fünf Geschmacksrichtungen wird das Element Erde dem Geschmack süß zugeordnet. Damit sind vor allem die natursüßen Lebensmittel gemeint wie Birnen, Äpfel, Karotten, Kartoffeln, Spinat, Mandeln, Kichererbsen, Kürbis, Zimt oder Fenchel. Der süße Geschmack wirkt entspannend, harmonisierend und befeuchtend. Enthalten die Lebensmittel hingegen viel raffinierten Zucker wird die befeuchtende Wirkung deutlich verstärkt – zu viel Feuchtigkeit schadet dann wiederum der Gesundheit. Unsere Mitte können wir aber nicht nur durch die Ernährung positiv beeinflussen, sondern auch mit genug Bewegung, Achtsamkeit und genug Pausen, um zwischendurch auch mal durchzuatmen.